Offener Brief an die WordPress-Community in Deutschland

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Blogpost by: Meike Jung

Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich dich nicht kenne, liebe WordPress-Community in Deutschland. Kennst du dich eigentlich selbst?

Caspar Hübinger, ein aktives Mitglied der WordPress-Community, hat an eben diese, nämlich "die Community" einen sehr lesenswerten, unterhaltsamen Offenen Brief gerichtet. Diesen sollte sich jeder mal durchlesen, der mit CMS zu tun hat: Aktive wie passive Mitglieder ALLER Open-Source-Content-Management-Systeme, auch die Followups, die die nachfolgende rege Diskussion innerhalb der Community gut zusammenfassen.

Als Gründungsmitglied des CMS Garden kann ich bestätigen, dass es einigermaßen schwierig sein kann, "die WordPress-Community" an den Apparat zu bekommen, wenn man mit ihr in Kontakt treten möchte. Aber das ist nicht der Grund, warum ich mich bemüßigt fühle, hier auf CMS-Garden.org diesen Brief zu kommentieren. Die WordPress-"Gärtner" sind mittlerweile genauso viele wie die von anderen CMS, genauso aktiv und sympathisch und hilfsbereit.

Die CMS-Variable

Und gerade wegen dieses "genauso" möchte ich anfügen: Ersetze in diesem Brief WordPress durch $cms, lieber Caspar, und er passt auf die meisten OS-CMS-Communities ziemlich deckungsgleich. Uns fehlt der Nachwuchs. Die verständlichen individuellen Gründe werden gut auf den Punkt gebracht: Aus Studierenden werden Angestellte oder Freelancer, die geschäftlich stärker eingebunden werden und irgendwann Kinder bekommen. Auch Resignation mag ein Grund sein. Dieser Schwund im Kreise der ohnehin schon zu wenigen Aktiven wird nicht aufgefangen durch neue Aktive - aus welchen Gründen auch immer wir es zu selten schaffen, aus dem großen Kreise der Nutzer Contributors zu machen. Lieber Caspar, zu Recht wirfst du der [$cms]-Community vor:

Du hast deine Vorbilder, deine Idole zum Anfassen und Ansprechen, deine Mütter, Väter, Söhne und Töchter der ersten, zweiten und dritten Stunde um ihre Gage betrogen, die doch einfach nur darin bestanden hätte, zu verstehen, worum es ihnen geht, und den Funken weiter zu tragen.

Wir haben alle verstanden, dass wir die passiven Nutzer begeistern können, wenn sie denn nur mit der aktiven Community in Berührung kommen. Deshalb sind die Vorschläge am Ende des Briefes auch folgerichtig Aufforderungen an alle, miteinander in den Dialog zu treten: Zu einem Camp oder Meetup kommen oder zumindest Beteiligung an Diskussionen auf der entsprechenden Plattform.

Wenig Anstrengung - große Wirkung

Ich trage diese (zugegebenermaßen abstrakt zusammengefasste) Aufforderung weiter an alle Open-Source-CMS-Communities: Lasst keine Gelegenheit aus, mit den (bislang) passiven Nutzern in Kontakt zu treten! Ladet sie zu Stammtischen, Meetups, Camps und Konferenzen ein. Zeigt ihnen den Weg zu euren Kommunikationsmedien, wo sie ja freundlich und respektvoll abgeholt werden. Holt auch eure Kunden ins Community-Boot - sie unwissend und von euch abhängig zu halten, schadet der gesamten Community. Weist auf die CMS-Garden-Aktivitäten hin, verteilt unsere CMS-Gartenfibel! Zeigt wie Caspar in seinem Brief die vielfältigen Möglichkeiten auf, seinen Beitrag zu leisten.

Es gibt die verschiedensten Arten, WordPress schöner zu machen, und – der Satzteil hat mittlerweile fast schon Phrasenstatus – man brauch kein Entwickler dafür zu sein.

Wo aber sind dann, liebe WordPress-Community in Deutschland, deine vielen helfenden Hände (vom Übersetzerteam mal abgesehen), die z.B. den Codex oder die neuen Handbooks ergänzen und übersetzen, eine vernünftige Anfänger-Doku schreiben, Accessibility-Reviews durchführen und Betaversionen testen sollten?

Wo sind die erfahrenen Anwenderinnen und Anwender, die als Support-Brigade WordPress-Grundwissen in den Foren weitergeben und einfache Fragen im Handumdrehen beantworten könnten?

Wo sind die Mehrsprachler, die einem Entwickler einfach mal aus Dankbarkeit den englischsprachigen Support eines seiner Plugins abnehmen würden?

Meine Empfehlung: Wandelt diese Fragen in Einstiegshilfen um. Jeder Funken Begeisterung, der von jedem einzelnen überspringt, kann sich als Freudenfeuer vervielfältigen. Und erst, wenn jede/r Einzelne versteht, dass es nicht um Verpflichtungen geht, sondern um durchaus persönliche befriedigende Erfolgserlebnisse, Gemeinschaftsgefühl, Sinnhaftigkeit im Tun - wenn er/sie das versteht und weitertragen kann, erst dann kann eine Community nachhaltig wachsen.

Meike Jung

Referentin des Drupal e. V.

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